Zahnärzte dürfen frei ermessen, ob sie einen Zahn reparieren wollen oder nicht und ob eine Zahnlücke harmlos ist oder nicht. Es gibt dazu keine verbindlichen Regeln oder wissenschaftlichen Erkenntnisse, die den richtigen Entscheid definieren. Ein gutes Prinzip wären die drei Varianten "einfach, wirtschaftlich und zweckmässig" (vgl Empfehlung Kantonszahnarzt 2016), "mittel" und "luxuriös".
Zahnarzt und Patient tendieren jedoch zu einer von zwei Grundeinstellungen, sodass die drei Varianten oft ähnlich sind:
Ich arbeite "bottom-up". Auch grössere Sanierungen (wie Bisshebung usw.) mache ich schrittweise, wobei jeder Schritt wahlweise
bleibt und minimalinvasiv ist.
Mein "gesunder Menschenverstand" sagt mir:
● Zahnlücken sind harmlos, wenn sie nicht stören.
● Auch bei Zähnen gilt im Prinzip: "kein Schmerz = gesund" (ausser bei den seltenen Tumoren).
● Kosmetische Wünsche sollten möglichst minimalinvasiv (= mit Komposit) erfüllt werden.
Aus Erfahrung weiss ich:
● Auch stark zerstörte Zähne lassen sich mit Komposit gut und dauerhaft reparieren.
● Am teuersten wird es, wenn man Zähne herauszieht.
● Die Langlebigkeit hängt nicht vom Preis ab. Auch teure Lösungen können nach kurzer Zeit schadhaft werden.
Oder wie die heutige Psychologie sagen würde: "Instinkt überwiegt den Verstand bei weitem." Deshalb benutzt jeder Zahnarzt (und Mensch) seine Lieblingsargumente:
• "Diese Lücke kann zu Kiefergelenkproblemen führen. Sie brauchen eine Brücke, ein Implantat oder eine Spange.
• "Wenn sie nichts machen, fällt der Zahn in zwei Jahren aus.
• "Wollen Sie das Beste für ihr Kind? Dann müssen wir auch die hinteren Zähne regulieren."
• "Wenn nicht alle vier Höcker vorhanden sind, halten Füllungen nicht und braucht es eine Krone."
• "Dieser Zahn ist verloren, es braucht ein Implantat. Am besten gleich zwei und eine Brücke."
• "Ich versuch das Beste und mache noch ein Provisorium. Aber wahrscheinlich ist der Zahn verloren."
• Hat eine Praxis einen eigenen Zahntechniker, muss sie stets neue Kronen und Brücken etc. herstellen, egal, ob sie sachlich unbedingt notwendig sind oder nicht.
Diese Schwächen und ökonomischen Zwänge kosten Geld und Zahnsubstanz. Deshalb möchten viele Politiker die Medizin am liebsten selber regulieren und eine freie Honorarbildung ermöglichen (vgl EU im Kampf gegen die Gebührenordnung für Zahnärzte) . Das lustbedingte Therapieren ist jedoch urmenschlich und kann man nicht ausschalten.
Die Porzellankrone war mit einer solchen Parapost-Schraube befestigt. Nach etwa 30 Jahren ist sie gebrochen. Der Stiftzahn hat damals etwa 1'500 CHF gekostet und hielt 30 Jahre. Eine weisse Füllung hätte 300 CHF gekostet und 10-20 Jahre gehalten.
Der Gewindeteil der Schraube sass noch fest im Zahn. Er diente deshalb nochmals zur guten Verankerung des Kompositaufbaus (Preis: 346 CHF).
Wegen solchen und anderen Misserfolgen mit Porzellankronen und erfreulichen Möglichkeiten des Komposits entschied ich mich um 1995, vollständig auf Porzellan zu verzichten und die Zähne nur noch mit Komposit zu reparieren.
1) Zahnerhaltende, minimalinvasive Lösungen. Sie werden ohne Hilfe eines Dentallabors ausgeführt.
2) Minimalinvasive Lösung, auch ohne Dentallabor.
3) Zahnersetzende, aufwändige Lösungen, grosse Eingriffe, nur mit Hilfe von Dentallabors möglich.
85-jährige Patientin (17.11.2022 / 4747)
Die Patientin hat sich immer geweigert, eine Prothese zu tragen.
Nun hielten die Reparaturen bei 3+3 nicht mehr. Ich überredete sie zu einem Alginatabdruck vom Oberkiefer
und habe eine Prothese ohne Gaumenbedeckung bestellt. Zwei Monate (!) später kam die Patientin
tatsächlich wieder. Ich zeigte ihr die Prothese, durfte dann die oberen Zähne entfernen
und die drei noch guten Zähne 7+17 zu Teleskopen umschleifen.
In die Prothese machte ich drei Löcher. Dann folgten vier direkte UnterfÜtterungen,
bei +1 mit Komposit, je bei 7+7 um die Löcher zu schliessen, und noch eine dem Gaumen entlang.
Nach drei Stunden war die Prothese fertig, hielt gut und war auch die Sprechprobe sehr positiv.
Eine Woche später sagte die Patientin, sie fühle sich mit der Prothese so gut wie schon lange nicht mehr mit den eigenen Zähnen.
Ihre Kolleginnen hätten alle eine Vollprothese. Eine solche würde sie aber nicht wollen.
48-jähriger Patient (24.11.2022 / 7903)
Der Patient hatte nach dem Verlust von -6 keinen Molaren mehr, mit dem er kauen konnte.
Die Wurzelreste von -6 waren aber fest, und mithilfe eines Drahtes konnte an ihnen ein Kompositaufbau
befestigt werden.
Die Mundhygiene mit dem Curaprox-Bürsteli verlängert die Haltedauer des Aufbaus.